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Dienstag, 13. Oktober 2015

Koalitionszoff um Transitzonen-Pläne

CSU-Chef Horst Seehofer freut sich auch an den kleinen Dingen des Lebens und versteht die Kunst, die kleinen Dinge ganz groß erscheinen zu lassen. "Ich kann heute mitteilen, dass wir uns zwischen CDU und CSU verständigt haben, jetzt für Transitzonen einzutreten", sagte er gestern vor einer Klausursitzung der bayerischen Christsozialen. Das klingt nach handfester Politik, danach, dass nun etwas passiert. Es passiert aber nichts. Jedenfalls nicht gleich.
Denn die Union müsste ja auch noch den Berliner Koalitionspartner überzeugen. Auf die Frage, wie das denn bitteschön gelingen könnte, klang Seehofers Antwort dann schon weniger pathosgeladen: "Das werden wir sehen." Dann ließ er noch wissen, dass "irgendwann" die drei Parteichefs miteinander reden werden. Derweil hat sich seit gestern vor allem eines verändert: Die Politik hat ein neues Schlagwort: Transitzonen für Flüchtlinge. Was ist das überhaupt? An Flughäfen gibt es sie heute schon. Dort werden Asylbewerber festgehalten, die aus einem sicheren Drittstaat kommen, deren Asylgesuch also sehr wahrscheinlich chancenlos ist. Auf diese Weise sollen die Verfahren verkürzt werden. Auch wer mit falschen Papieren einreist und ganz ohne Ausweis wird dort belassen. Der Vorschlag der Union zielt nun aber darauf ab, solche Zonen in Grenznähe zu errichten, also sozusagen auf freiem Feld. Wie das funktionieren soll von angesichts täglich 10 000 Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, ist noch ziemlich offen. Konzepte, sagte Seehofer gestern, würden "im Laufe dieser Woche erarbeitet." Eines ist der CSU damit jedenfalls schon einmal gelungen: Zum ersten Mal im Zuge der aktuellen Flüchtlingsthematik zerstreitet sich sie große Koalition. Das ist keine Kleinigkeit. Das erkennt man schon an der Prominenz der Diskutanten. Kanzleramtschef Peter Altmeier, der oberste Koordinator im Auftrag der Kanzlerin, führt die Debatte an. Angesichts des großen Flüchtlingsandrangs dürfe "keine Möglichkeit ausgeschlossen werden", die Verfahren zu beschleunigen. Kein Zufall allerdings, dass diese Wortwahl ein bisschen offener und moderater klingt als die bayerischen Hammersätze. Altmaier weiß genau wie die Kanzlerin, dass die SPD überhaupt nicht überzeugt ist. Und wer das bislang noch nicht wusste, konnte sich gestern bei Heiko Maas (SPD) erkundigen. Für einen Bundesjustizminister formulierte er außergewöhnlich scharf. Wer Transitverfahren einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe "Massenlager im Niemandsland". Es entstünden "keine Transitzonen, sondern Haftzonen". Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schaffe aber mehr Probleme als Lösungen. Die SPD-Innenminister der Länder sind - sofern sie sich äußern - durchweg skeptisch. "Menschen, die um ihr Leben laufen, lassen sich durch Transitzonen, durch Zäune und Grenzen schlichtweg nicht aufhalten", so Ralf Jäger. Andere sind noch deutlicher. Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner ist ohnehin der Anführer der sozialdemokratischen Abteilung Attacke. Er legt den Finger genau in die Wunde, indem er fragt, was man sich eigentlich von diesen Zonen vorstellen solle: "Gilt da das Asylrecht oder gilt es nicht?". Flüchtlingszahlen in Deutschland lassen sich nach Ansicht Stegners "nicht begrenzen, solange sich an den Fluchtursachen nichts ändert und die EU sich nicht auf ein Verteilsystem einigt." Stegners deutliche Worte sind auch ein Signal an die eigene Partei. Der Parteilinke ist vorgeprescht, um damit die Lücke auszufüllen, die der Parteichef Sigmar Gabriel offenlässt. Der steht nämlich beim linken sozialdemokratischen Flügel unter Verdacht, im Zweifel zu nachgiebig gegenüber den Bayern sein zu können. Tatsächlich will sich Gabriel als Vizekanzler Verhandlungsspielraum bewahren. Die Bundestagsfraktion folgt ihm derzeit noch. Auf Anfrage unserer Zeitung sagte Burkhard Lischka, der innenpolitische Sprecher der Fraktion: "Mir ist im Augenblick noch unklar, wie ein Verfahren, das auf einem umzäunten Flughafengelände möglicherweise funktioniert, auf 3752 km deutsche Landesgrenze ausgedehnt werden soll. Vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich hierbei um eine offene, grüne Grenze handelt." Das übernimmt die Bedenken der Linken, lässt der Regierung aber die Chance, die Befürchtungen durch ein stimmiges Gesamtkonzept auszuräumen. Dennoch ist eine Einigung nicht in Sicht.

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