Es ist kein Durchkommen mehr. Der große Saal im Hotel Hannover im niedersächsischen Amt Neuhaus ist überfüllt, dicht gedrängt stehen die Menschen bis in die hintersten Ecken. Am Rednertisch, vor schweren Vorhängen, an die noch eine Deutschlandfahne gepinnt wurde, sitzen Grit Richter, die Bürgermeisterin, und Alexander Götz vom niedersächsischen Innenministerium. Sie sollen den hunderten versammelten Bürgern erklären, wie das gehen soll: tausend Flüchtlinge in einem Ort unterzubringen, in dem gerade einmal hundert Menschen leben.
Sumte in der Gemeinde Amt Neuhaus am nordöstlichen Ufer der Elbe ist in den Schlagzeilen, seit bekannt geworden ist, dass dort bis zu tausend Flüchtlinge in einem leerstehenden Bürokomplex vorübergehend leben sollen. Dennoch: "Ich habe nicht mit so vielen interessierten Einwohnern gerechnet", sagt Richter angesichts des Andrangs im Hotel-Saal. Proteste aus dem Publikum. "Das ist keine Kritik", schickt sie hinterher. Die Stimmung ist angespannt.
Vor der Bürgermeisterin sitzen ältere Menschen aus Sumte und umliegenden Ortschaften, vereinzelt junge Leute, Familien. Wie der Brandschutz gewährleistet werden soll, wenn die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr doch den ganzen Tag arbeiten und nicht anrücken könnten, falls in der Unterkunft etwas passiere, fragt ein Anwohner. Andere wollen wissen, wie Abwasser- und Müllentsorgung geregelt werden und ob es einen Shuttle-Service für die Flüchtlinge geben wird, damit sie einkaufen gehen können. Es gibt keinen Supermarkt in Sumte.
Die Anwohner haben auch weniger rationale Sorgen und Ängste. Wie man sich vor Kriminalität schützen soll, fragt ein Mann. Und ob die ärztliche Versorgung gewährleistet sei, "zum Schutz von uns allen". Eine Frau aus einer anderen Ecke des Saals gibt zu bedenken, dass es vor allem Männer seien, die da kämen. "Die haben ja auch Bedürfnisse." Eine andere fragt, ob es Zeiten gebe, zu denen die Flüchtlinge die Unterkunft nicht verlassen dürften. Die Bürgermeisterin sichert ihnen zu, dass die Straßenlaternen die ganze Nacht angeschaltet bleiben.
Die meisten aber schreckt weniger, wer da kommt - sondern wie viele: "Tausend sind einfach zu viele", sagt Dirk Hammer. Seine Familie lebe seit 400 Jahren in dem Dorf. Er will wie viele hier eine "vernünftige Lösung" und "möglichst wenig Störung". Gleichzeitig distanziert er sich von einigen wenigen Rechtsextremen, die vor dem Hotel ein Banner mit der Aufschrift "Asylterror stoppen" hochhielten. "Wir wollen nicht zum Sprungbrett rechter Gesinnungen werden", sagt er. Tosender Applaus.
Warum Sumte?
Warum hat sich die Landesregierung ausgerechnet Sumte ausgesucht? Durch den Ort führt eine Straße, die von roten Fachwerkhäusern, Gemüsebeeten und Bauernhöfen gesäumt wird. Es gibt fast keine Infrastruktur, keine Läden für den täglichen Bedarf. Hinter den Bürogebäuden, in denen die Flüchtlinge untergebracht werden sollen, beginnt eine Schotterstraße, die zu einer Weide führt. Außer schwer behangenen Apfelbäumen gibt es nicht viel zu sehen.
In Niedersachsen wachse der Druck, Unterkünfte zu finden, erklärt Götz vom Innenministerium. Im vergangenen Jahr seien knapp 19.000 Asylanträge eingegangen, 2015 seien es jetzt schon mehr als 75.000. Es gehe darum, Obdachlosigkeit zu verhindern und den Hilfesuchenden ein trockenes und warmes Heim zu geben, wenn auch nur vorübergehend. Von einer Firma mit Sitz in Hannover seien die Häuser in Sumte zur Miete angeboten worden. "Wir müssen jede Unterkunft nehmen, die infrage kommt", sagt Götz.
Nach der Versammlung schimpft einer der Anhänger von "Die Rechte Niedersachsen" vor dem Hotel durch ein Megaphon auf die Politik. Ein Mann stellt sich ihm entgegen: "Wir wollen deine Parolen hier nicht!" Künftig in einem Atemzug mit Heidenau und Freital genannt zu werden - auch davor haben die Menschen in Sumte Angst.
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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