Wiehl. Auf dem Neujahrsempfang der Kölner Regierungspräsidentin hatte Wiehls Bürgermeister Ulrich Stücker die gute Nachricht erstmals gehört, inzwischen hat Innenmister Ralf Jäger es offiziell gemacht: Das Land wird vorerst keine Flüchtlinge mehr in Kommunen schicken, die ihr Aufnahmesoll erfüllt haben, sondern sie zunächst den Städten zuweisen, die noch unter ihrer Aufnahmequote liegen. Zu denen, die ihre Quote noch nicht erfüllt haben, gehören Großstädte wie Köln und Düsseldorf.
In NRW ist die Bezirksregierung Arnsberg für die Verteilung der Flüchtlinge zuständig. Diese erfolgt nach einem Schlüssel, der die Bevölkerungsgröße und die Fläche einer Kommune berücksichtigt. Manche der betroffenen Städte liegen bis zu 30 Prozent unter dem Soll. Bis alle 400 Kommunen ihre Aufnahmequote erfüllt haben, kann es mehrere Wochen, wenn nicht Monate dauern. Für die oberbergischen Kommunen heißt das: erst mal durchatmen.
Wiehl reagierte umgehend: Den Umbau des Pro-Markts an der Brucher Straße zu einer Flüchtlingsunterkunft habe man gestoppt, teilte Stücker im Haupt- und Finanzausschuss mit. Die erste Umbaustufe für knapp 15 Personen werde noch beendet, die Kapazitäten dort aber nur als Reserve vorzuhalten. Da die Stadt seit Anfang des Jahres Besitzer des Marktes ist, fallen keine Mietkosten für das ungenutzte Gebäude an.
Auch die Turnhalle an der Jahnstraße in Bielstein soll wieder komplett für den Sport nutzbar werden. Dort waren vorsorglich Sportgeräte entfernt oder abmontiert worden, um im Falle eines Falles rasch Trennwände und Betten aufstellen zu können.
Stadt würde Unterkunft in Bomig auch selbst nutzen
Die Ankündigung des Landes, möglicherweise schon bald auf die Erstaufnahmeeinrichtung in Bomig zu verzichten, würde weiteren Druck von der Stadt Wiehl nehmen. Der Kreis hatte im Auftrag des Landes im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma Opfermann Platz für 200 Flüchtlinge eingerichtet.
Gibt das Land die Einrichtung auf, würde sich die Wiehler Aufnahmequote zwar auf einen Schlag deutlich verschlechtern. Aber, so der Beigeordnete Maik Adomeit, die Stadt könnte das Opfermann-Gebäude dann mieten, um vorübergehend selbst dort Flüchtlinge unterbringen, bis man mit dem Wohnungsbau nachgekommen ist.
Derzeit entstehen an der Friedhofstraße bekanntlich fünf Wohnhäuser mit Platz für bis zu 100 Flüchtlinge. Parallel dazu wird im ganzen Stadtgebiet weiter nach geeigneten Wohnraum gesucht. Je weiträumiger die Neubürger verteilt würden, desto besser könne es mit der Integration klappen. Adomeit: "Wir wollen keine Ghettos schaffen."
ENGELSKIRCHEN PROFITIERT VOM SCHLÜSSEL
In der Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Grundschule in Engelskirchen-Ründeroth wurden gestern 50 Neuankömmlinge erwartet, sagte Rolf Braun, Vorstand des DRK-Kreisverbandes Oberberg. Ursprünglich angekündigt waren 180.
Engelskirchens Bürgermeister Dr. Gero Karthaus berichtete, dass die Einrichtung seit Weihnachten nur minimal belegt war. Das Gebäude an der Paul-Gerhardt-Straße hat der Oberbergische Kreis (als Erfüllungsgehilfe des Landes NRW) von der Gemeinde gemietet. Der Mietvertrag läuft bis Ende März. "Wir hätten nichts gegen eine Verlängerung der Nutzung bis in den Sommer oder Frühherbst", sagte Karthaus. Danach soll die alte Schule einem Neubaugebiet weichen.
Rund 2,3 Millionen Euro erwartet Engelskirchen für das Jahr 2016 an Erstattung für die Kosten für Asylbewerber. Karthaus: "Wir profitieren davon, dass der Verteilungsschlüssel nicht die reale Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge widerspiegelt." Obwohl es wegen des Erstaufnahmelagers eine Weile keine dauerhaften Zuweisungen gab, gibt es bei der Kostenerstattungen keine entsprechenden Abstriche. (sül)
SCHÜTZEN DÜRFEN IN DIE TURNHALLE
Auch auf Marienheide hat die Ankündigung des NRW-Innenministers Auswirkungen. Erst vor kurzem hatte Bürgermeister Stefan Meisenberg angekündigt, dass die Verwaltung sich darauf einrichte, auch die Turnhalle Jahnstraße für Flüchtlinge nutzen zu können. Mietverträge für Veranstaltungen, so Meisenberg damals, würden nur noch bis Ende Februar entgegengenommen.
Das hat sich jetzt geändert: Wie Meisenberg am Donnerstag auf Anfrage erklärte, will die Gemeinde nun doch auf Antrag der Marienheider Schützen genehmigen, dass das Schützenfest Anfang Juli in der Halle stattfinden kann. Das liegt aber nicht nur an Jägers Versprechen: "Wir haben auch noch einmal das Angebot an leeren Wohnungen im Gemeindegebiet durchgesehen und festgestellt, dass wir auch ohne die Halle auskommen."
Ganz sicher sei damit aber noch lange nicht, dass die Turnhalle tatsächlich Anfang Juli noch für Veranstaltungen genutzt werden kann. "Wenn sich die Lage doch noch einmal verändern sollte, werden wir uns aber mit den Vereinen an einen Tisch setzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen."
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