Angela Merkels Nothilfeplan, mit dem sie sich handstreichartig über geltendes EU-Recht (Dublin II) hinwegsetzt, ist vom Ergebnis her nicht nur weit vor der Ziellinie grandios gescheitert. Er lässt zudem zwei innenpolitische Defizite ans Tageslicht treten. Erstens: das Vermissen eines wirksamen Notfallplans, mit dem sich im Katastrophenfall innerhalb kürzester Zeit Hunderttausende Bundesbürger geordnet von A nach B dirigieren ließen, um sie andernorts gezielt mit dem Nötigsten zu versorgen beziehungsweise ihnen Obdach zu gewähren. Wenn solche Hilfsmaßnahmen angesichts von ein paar Tausend Syrienflüchtlingen bereits eine Metropole wie München nach kürzester Zeit logistisch in die Knie zwingen, wagt man sich nicht vorzustellen, was uns bei einem schweren Erdbeben oder einem Atomunfall blüht.
Zweitens: Die Innenpolitik muss endlich begreifen, dass man eine Flut von technikaffinen Wirtschaftsflüchtlingen, die sich permanent über die besten Fluchtwege und Transportmöglichkeiten via soziale Netzwerke informieren und abstimmen, nicht mit einer Handvoll Grenzschutzbeamten zu irgendwelchen Aufnahmelagern dirigieren kann. Längst bestimmen die Flüchtlinge, wohin sie konkret wollen, und nicht mehr die Administration des jeweiligen Gastlandes. Die Ungarn haben das bereits deutlich zu spüren bekommen. Die Österreicher lassen die Flüchtlinge lieber gleich kommentarlos durch. Wir aber können sie nicht weiter verteilen, weil die Flüchtlinge sich erstens nicht weiterschicken lassen und weil sie zweitens außer uns und vielleicht noch den Schweden im Prinzip auch niemand aufnehmen möchte.
Quelle: Kölnische Rundschau vom 18.09.2015
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