Marienheide. Auf kleinem Umweg haben am späten Montagabend die ersten 150 Flüchtlinge die neu eingerichtete Unterkunft im ehemaligen VdK-Heim von Marienheide-Stülinghausen erreicht. Rund 100 Helfer arbeiteten bis 5 Uhr am Dienstagmorgen, um die Asylsuchenden einzuquartieren. Kreisdirektor Jochen Hagt berichtet von einer "reibungslosen Aufnahme".
Die Bezirksregierung Köln, mit deren Krisenstab der oberbergische Krisenstab die Flüchtlingsaufnahme abstimmt, hatte die drei mit Flüchtlingen besetzten Busse zunächst zur Erstaufnahmeeinrichtung nach Strombach geschickt. Dort blieben 45 Asylsuchende, die restlichen 150 wurden dann nach Stülinghausen gebracht. Sie kommen größtenteils aus Syrien sowie aus dem Irak, aus Pakistan, Somalia, Eritrea und Georgien. Eine Asylsuchende kommt von den Philippinen. Alle wurden von Hagt, Landrat Hagen Jobi, Mitarbeitern der Kreisverwaltung und der Gemeinde Marienheide, Ärzten des Rettungsdienstes und des Gesundheitsamtes sowie Helfern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und des Malteser Hilfsdienstes begrüßt, registriert und ärztlich untersucht. Kurzfristig hatte das DRK ein zusätzliches Zelt auf dem Vorplatz des Heims aufgebaut, die Marienheider Feuerwehr eine Beleuchtung.
Unter den 30 Dolmetschern, die bei der Registrierung und medizinischen Untersuchung übersetzten, waren auch Freiwillige des "Bündnisses für Flüchtlinge in Marienheide". Drei Lehrer, die den Asylsuchenden vor Ort normalerweise Deutsch beibringen, und zehn Flüchtlinge, die schon seit längerem in Marienheide leben, halfen, aus dem Kurdischen, Arabischen und des in Eritrea gesprochenen Tigrinya ins Deutsche zu übersetzen. Anke Vetter vom Bündnis berichtet: "Das hat toll funktioniert." Zudem habe es den Neuankömmlingen ein bisschen die Angst genommen, von Menschen begrüßt zu werden, die wie sie asylsuchend sind.
Ein Team von neun Ärzten und 15 Mitarbeitern von Gesundheitsamt und Rettungsdienst untersuchte die Flüchtlinge auf Verletzungen, Krankheiten und Infektionen. Unter anderem wurde die Körpertemperatur gemessen und das Herz-Kreislauf-System überprüft. Ein besonderes Augenmerk wurde - gemäß den Richtlinien der Bezirksregierung - auf ansteckende Krankheiten gelegt, wie Tuberkulose. Diese Untersuchungen werden bis Ende dieser Woche fortgesetzt: Jeder Erwachsene wird in eines der umliegenden Krankenhäuser gebracht und bekommt dort die Lunge geröntgt. "Je nach Alter des Flüchtlings gibt es weitergehende Untersuchungen", berichtet Kaija Elvermann, Leiterin des Kreisgesundheitsamts. Von den 150 Asylsuchenden sind 18 im Alter bis 16 Jahren, die ältesten sind Mitte 60.
Bislang hätten die medizinischen Untersuchungen keine besonderen oder ansteckenden Krankheiten aufgetan, berichtet der Kreis. Erst wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen und keine Gesundheitsgefahr besteht, werden die Flüchtlinge das Heim zwischenzeitlich verlassen dürfen. Dazu werden sie sich bei dem privaten Sicherheitsdienst ab- und anmelden müssen, der die Einrichtung bewacht. Das ehemalige VdK-Heim wurde mit einem Bauzaun umzäunt. Zudem wurde die Polizeipräsenz verstärkt.
Wie lange die Asylsuchenden in der Marienheider Erstaufnahmeeinrichtung bleiben, steht bislang nicht fest. Rüdiger Brinkmann, Leiter der Kreisausländerbehörde: "Die Erfahrung aus anderen Heimen zeigt, dass die Flüchtlinge vier bis sechs Wochen bleiben, bevor sie auf die Kommunen in Deutschland verteilt werden."
Noch sind in der für 210 Personen ausgelegten Notunterkunft 60 Betten frei. Beim Kreis rechnet man mit einer "zügigen Belegung". Die Meldung von der Kölner Bezirksregierung, dass weitere Flüchtlinge unterwegs sind, kommt in der Leitstelle an - und das könnte jede Minute geschehen.
Im Kreishaus herrscht Zuversicht, dass auch die nächsten Flüchtlinge gut versorgt werden können. Zumal die Helfer in der Nacht zu Dienstag so viel Herzlichkeit erfahren hätten. Harald Klotz vom Kreissozialamt, der das Heim leitet, berichtet: "Die Asylsuchenden haben sich hunderte Male bei uns bedankt." Und nach dem Essen packten viele Flüchtlinge spontan mit an, um die Tische aufzuräumen.
Die Asylsuchenden haben sich hunderte Male bei uns bedankt.
HARALD KLOTZ berichtet aus dem Heim
HILFE GESUCHT
Neben Kleidung sind Ärzte sowie Apotheker, Arzthelferinnen und Krankenschwestern gesucht, um eine regelmäßige Sprechstunde im Flüchtlingsheim zu etablieren.
Wer helfen will, ruft das Bürgertelefon beim Kreis an unter (0 22 61) 88-4545 (montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags bis 12 Uhr).
Geldspenden gehen auf das Konto des Kreises bei der Volksbank Oberberg, IBAN DE61 3846 2135 7400 7000 14. (ag)
LICHTERKETTE
Heute um 17 Uhr wollen Oberberger bei einer Lichterkette auf dem Gummersbacher Lindenplatz ihre Solidarität mit den Flüchtlingen bekunden, die derzeit in großer Zahl die Region erreichen.
Die Initiative geht von Radio Berg aus, an dessen Veranstaltergemeinschaft viele gesellschaftliche Gruppen beteiligt sind, auch der Evangelische Kirchenkreis An der Agger, der zur Teilnahme aufruft. Kirchenkreis und katholisches Kreisdekanat sind am Sonntag in einer gemeinsamen Erklärung der Fremdenfeindlichkeit entgegengetreten. Anlass gab der Brandanschlag auf einen leerstehenden Bahnwaggon in Oberwiehl mit vermutlich rechtsradikalem Hintergrund.
Ihre Teilnahme zugesagt haben verschiedene Initiativen sowie prominente Politiker wie Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein, die SPD-Bundestagsabgeordnete Michaela Engelmeier und der designierte Landrat Jochen Hagt, der seinerseits die Oberberger bittet, an der Lichterkette in Gummersbach teilzunehmen. (r)
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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