BERLIN. Sigmar Gabriel hat in den vergangenen Tagen und Wochen zahlreiche Anrufe von Unternehmern und Managern erhalten. Den einhelligen Tenor der Anrufer fasst der Bundeswirtschaftsminister so zusammen: "Wir wollen mitmachen." Wobei?
Die Wirtschaftslenker und Firmeninhaber wollen helfen bei der Bewältigung des großen Zustroms schutzsuchender Menschen nach Deutschland, von denen mehr als 50 Prozent jünger als 25 Jahre sind, wie Gabriel betont. Natürlich gehe es darum, "ihnen schnell rechtliche Klarheit über ihren Status zu verschaffen". Doch viele werden bleiben und bräuchten dann Aus- und Weiterbildung in Deutschland.
Die "Allianz für Aus- und Weiterbildung" ist schon im Koalitionsvertrag verabredet. "Kein junger Mensch darf zurückbleiben und wertvolle Lebenszeit in Warteschleifen verlieren", heißt es da. Aber niemand hätte gedacht, wie wichtig dieser Ausbildungspakt nun werden würde, räumt Gabriel offen ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte diese Woche bei der Internationalen Automobil-Ausstellung vor Top-Managern um Job- und Ausbildungsangebote an Flüchtlinge geworben: "Deshalb meine Bitte an Sie (...): Wo immer sich Möglichkeiten ergeben, auf Menschen offen zuzugehen und ihnen Chancen zu geben, ermuntere ich Sie, dies zu tun."
Gabriel, Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) und die Bundesbeauftragte für Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz (SPD), haben nun zum Ausklang einer turbulenten Woche mit Vertretern der 14 Partner der "Allianz für Aus- und Weiterbildung" beraten, auf welchen Wegen viele der Flüchtlinge integriert werden könnten.
Gabriel nennt anschließend die Formel für gelungene Integration: "Sprache, Sprache, Sprache - Arbeit, Arbeit, Arbeit." Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer betont gleichfalls das wichtigste Integrationsinstrument: "Deutsch, Deutsch, Deutsch." So sollen für Flüchtlinge mit einer hohen Chance auf ein Bleiberecht Deutschkurse bereits in den Erstaufnahme-Einrichtungen organisiert werden. Auch sollen schulpflichtige Kinder von Flüchtlingen möglichst schnell in "Regelklassen" allgemeinbildender Schulen aufgenommen werden.
HILFSAKTION
Die Führungskräfte der Chemie-Industrie engagieren sich für Flüchtlinge. Der Führungskräfteverband Chemie VAA habe ein Spendenkonto eingerichtet und werbe bei seinen 30 000 Mitgliedern um Spenden, sagte VAA-Hauptgeschäftsführer Gerhard Kronisch gestern in Köln. Gesammelt werden soll bis zum Ende des kommenden Jahres, möglicherweise auch länger. Das Geld erhält die Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen, die als Partner gewonnen wurde.
Die Mitglieder würden auch zu eigenen Initiativen und Aktionen ermutigt, über die sie sich auf der verbandseigenen Kommunikationsplattform austauschen könnten. Denkbar sei, dass sie Praktikums- und Ausbildungsplätze bereit stellten, so Kronisch.
Bundestagspräsident Norbert Lammert, der Schirmherr der UN-Flüchtlingshilfe, begrüßte die Initiative. Die Herausforderungen durch den Flüchtlingsstrom seien weder allein von staatlichen Organisationen noch allein von Ehrenamtlichen zu meistern. "Wir brauchen beides", so Lammert. In diesen Wochen werde deutlich, zu welchen Leistungen unsere Gesellschaft fähig sei. Die imponierende Bereitschaft der Bevölkerung zum ehrenamtlichen Engagement verdiene großen Respekt, so Lammert.
Quelle: Kölnische Rundschau vom 19.09.2015
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen