Es läuft nicht gut für Angela Merkel. Gar nicht gut. Im Gegenteil. Aus dem Ruder läuft es. Gerade jetzt. Die Kanzlerin steht vor einer Woche der Entscheidung. Am Donnerstag und Freitag treffen sich die Regierungschefs der EU zum Gipfel. Danach hatte sie selbst eine "Zwischenbilanz" ihrer Flüchtlingspolitik angekündigt. Nichts spricht dafür, dass sie ermutigend ausfällt. Das Klima in der EU ist auf einen Tiefpunkt gefallen. Und um Merkel wird es einsam.
Die Woche der Wahrheit beginnt gleich mit mehreren Tiefschlägen. Frankreich zum Beispiel. 30 000 Flüchtlinge will Paris aufnehmen, das hat Premier Manuel Valls zugesagt. Klingt gut, ist aber für die Bundesregierung eine üble Nachricht. Die 30 000 hatte Frankreich schon längst im Rahmen einer 2015 verabredeten und noch längst nicht umgesetzten Verteilaktion zugesagt. Die eigentliche Botschaft von der Seine lautet: "Mehr wird Frankreich nicht nehmen." Es ist ein verheerendes Signal. Der engste europäische Partner sagt damit glasklar, dass er nichts von der deutschen Strategie hält, der Türkei, sofern sie die illegale Migration stoppt, weitere Kontingente abzunehmen und unter einer "Koalition der Willigen" zu verteilen. Den zweiten Tiefschlag versetzen die Osteuropäer. Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn haben sich gestern mit Mazedonien zusammengesetzt und Hilfe bei der Abschottung seiner Grenze gegenüber Griechenland zugesagt (s.unten). Wer wissen will, wie groß die Sorge der Bundesregierung ist, muss auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier schauen, sonst stets ein wandelnder Vermittlungsausschuss, immer um Dialog und Verständnis bemüht, stets bestrebt Brücken zu bauen. Er reagiert alarmiert. Er hat die deutschen Botschafter in den vier Ländern ausdrücklich angewiesen, den Regierungen mitzuteilen, was Deutschland von diesem Weg hält - nämlich nicht das Geringste. Mehr noch: Zusammen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel hat er allen sozialdemokratischen Regierungschefs und Außenministern - die meisten aus Osteuropa - einen Brandbrief geschrieben. Alle Maßnahmen in der Flüchtlingsfrage müssten "gemeinsam vereinbart werden, und sie dürfen nicht einseitig gegen einen Mitgliedstaat gerichtet sein". Kaum verhüllt ist der Vorwurf, die Osteuropäer vergifteten das Klima in der EU. Es kommt noch schlimmer. Auch Österreich will den Mazedoniern helfen. Österreich - zu Beginn der Flüchtlingskrise der engste Partner Deutschlands. Das hat sich längst geändert. Derzeit wird der Brenner vor einem möglichen Ansturm gerüstet, falls sich die Flüchtlingsrouten ändern sollten. Und der österreichische Kanzler Werner Faymann stellt klar, dass sein Land in diesem Jahr nicht mehr als 37 500 Flüchtlinge aufnehmen werde. Die Kanzlerin hat bislang alle Angriffe kühl abtropfen lassen. Am Wochenende hat sie in Hamburg einmal Luft abgelassen. Ja, sie habe von vielen gehört, es habe auch ein Leben vor Schengen gegeben, sagte sie. Der Vertrag von Schengen regelt die Freizügigkeit an den EU-Binnengrenzen. "Ich antworte dann immer: Ich weiß, es gab auch ein Leben vor der deutschen Einheit. Da waren die Grenzen noch besser geschützt." Es ist nicht so, als hätte sich Merkel im Laufe der Flüchtlingskrise nicht bewegt. Allmählich kommt man beim Zählen der Verschärfungen des Asylrechts gar nicht mehr nach. Gestern hat die CDU einen dritten Maßnahmenkatalog vorgelegt. Merkel hat sogar einem Nato-Einsatz gegen Schleuser in der Ägäis zugestimmt. Und sie kann vorweisen, dass inzwischen jeder Flüchtling registriert wird. Aber die Zeit arbeitet gegen sie. In der Union kursieren längst angstgetriebene Untergangsszenarien. Die gehen ungefähr so: Erst bringt der EU-Gipfel keinen Fortschritt. Dann erleidet die Union bei den Landtagswahlen am 13. März erhebliche Verluste, während die AfD Triumphe feiert. Und dann steigen die Flüchtlingszahlen im Frühling wieder deutlich an. Das Gedankenspiel geht aber noch weiter. Denn dann erst werden allmählich bundesweit die Belastungen durch die aufgenommenen Flüchtlinge klar: für Kitas, Schulen, für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Dass das einen Punkt trifft, das zeigt auch eine Bemerkung von SPD-Chef Gabriel, der der Union vorwarf, den Bürgern die Kosten der Integration zu verschweigen. Gabriel: "Wer über Integration redet und über die Finanzierung schweigt, der belügt die Bevölkerung." CDU und CSU hätten bereits bei der Einheit "den Deutschen nicht die Wahrheit über die Finanzierung einer großen gesellschaftlichen Aufgabe" gesagt. Aber wohl gemerkt: Die SPD hat die Kanzlerin am wenigsten zu fürchten. Das weiß Merkel - und nimmt Rücksicht. In ihrem gestern verabschiedeten Integrationspapier haben die Christdemokraten dann doch von ihrer ursprünglichen Absicht Abstand genommen, Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge den Langzeitarbeitslosen gleichzustellen. Das hätte in den ersten sechs Monaten Abweichungen vom gesetzlichen Mindestlohn ermöglicht. Nun soll nur bei Praktikumszeiten vom Mindestlohn abgewichen werden können. Nein, Merkels Problem ist außenpolitisch wie innenpolitisch die Abkehr der engeren Freunde. Wenn sich die beschriebene Eskalation des Schreckens so einstellen sollte, dann sei unklar, wie die Partei das noch bis zur Bundestagswahl 2017 tragen könne, heißt es. Nur, die Alternative sieht niemand.
Die Woche der Wahrheit beginnt gleich mit mehreren Tiefschlägen. Frankreich zum Beispiel. 30 000 Flüchtlinge will Paris aufnehmen, das hat Premier Manuel Valls zugesagt. Klingt gut, ist aber für die Bundesregierung eine üble Nachricht. Die 30 000 hatte Frankreich schon längst im Rahmen einer 2015 verabredeten und noch längst nicht umgesetzten Verteilaktion zugesagt. Die eigentliche Botschaft von der Seine lautet: "Mehr wird Frankreich nicht nehmen." Es ist ein verheerendes Signal. Der engste europäische Partner sagt damit glasklar, dass er nichts von der deutschen Strategie hält, der Türkei, sofern sie die illegale Migration stoppt, weitere Kontingente abzunehmen und unter einer "Koalition der Willigen" zu verteilen. Den zweiten Tiefschlag versetzen die Osteuropäer. Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn haben sich gestern mit Mazedonien zusammengesetzt und Hilfe bei der Abschottung seiner Grenze gegenüber Griechenland zugesagt (s.unten). Wer wissen will, wie groß die Sorge der Bundesregierung ist, muss auf Außenminister Frank-Walter Steinmeier schauen, sonst stets ein wandelnder Vermittlungsausschuss, immer um Dialog und Verständnis bemüht, stets bestrebt Brücken zu bauen. Er reagiert alarmiert. Er hat die deutschen Botschafter in den vier Ländern ausdrücklich angewiesen, den Regierungen mitzuteilen, was Deutschland von diesem Weg hält - nämlich nicht das Geringste. Mehr noch: Zusammen mit SPD-Chef Sigmar Gabriel hat er allen sozialdemokratischen Regierungschefs und Außenministern - die meisten aus Osteuropa - einen Brandbrief geschrieben. Alle Maßnahmen in der Flüchtlingsfrage müssten "gemeinsam vereinbart werden, und sie dürfen nicht einseitig gegen einen Mitgliedstaat gerichtet sein". Kaum verhüllt ist der Vorwurf, die Osteuropäer vergifteten das Klima in der EU. Es kommt noch schlimmer. Auch Österreich will den Mazedoniern helfen. Österreich - zu Beginn der Flüchtlingskrise der engste Partner Deutschlands. Das hat sich längst geändert. Derzeit wird der Brenner vor einem möglichen Ansturm gerüstet, falls sich die Flüchtlingsrouten ändern sollten. Und der österreichische Kanzler Werner Faymann stellt klar, dass sein Land in diesem Jahr nicht mehr als 37 500 Flüchtlinge aufnehmen werde. Die Kanzlerin hat bislang alle Angriffe kühl abtropfen lassen. Am Wochenende hat sie in Hamburg einmal Luft abgelassen. Ja, sie habe von vielen gehört, es habe auch ein Leben vor Schengen gegeben, sagte sie. Der Vertrag von Schengen regelt die Freizügigkeit an den EU-Binnengrenzen. "Ich antworte dann immer: Ich weiß, es gab auch ein Leben vor der deutschen Einheit. Da waren die Grenzen noch besser geschützt." Es ist nicht so, als hätte sich Merkel im Laufe der Flüchtlingskrise nicht bewegt. Allmählich kommt man beim Zählen der Verschärfungen des Asylrechts gar nicht mehr nach. Gestern hat die CDU einen dritten Maßnahmenkatalog vorgelegt. Merkel hat sogar einem Nato-Einsatz gegen Schleuser in der Ägäis zugestimmt. Und sie kann vorweisen, dass inzwischen jeder Flüchtling registriert wird. Aber die Zeit arbeitet gegen sie. In der Union kursieren längst angstgetriebene Untergangsszenarien. Die gehen ungefähr so: Erst bringt der EU-Gipfel keinen Fortschritt. Dann erleidet die Union bei den Landtagswahlen am 13. März erhebliche Verluste, während die AfD Triumphe feiert. Und dann steigen die Flüchtlingszahlen im Frühling wieder deutlich an. Das Gedankenspiel geht aber noch weiter. Denn dann erst werden allmählich bundesweit die Belastungen durch die aufgenommenen Flüchtlinge klar: für Kitas, Schulen, für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen. Dass das einen Punkt trifft, das zeigt auch eine Bemerkung von SPD-Chef Gabriel, der der Union vorwarf, den Bürgern die Kosten der Integration zu verschweigen. Gabriel: "Wer über Integration redet und über die Finanzierung schweigt, der belügt die Bevölkerung." CDU und CSU hätten bereits bei der Einheit "den Deutschen nicht die Wahrheit über die Finanzierung einer großen gesellschaftlichen Aufgabe" gesagt. Aber wohl gemerkt: Die SPD hat die Kanzlerin am wenigsten zu fürchten. Das weiß Merkel - und nimmt Rücksicht. In ihrem gestern verabschiedeten Integrationspapier haben die Christdemokraten dann doch von ihrer ursprünglichen Absicht Abstand genommen, Asylbewerber und anerkannte Flüchtlinge den Langzeitarbeitslosen gleichzustellen. Das hätte in den ersten sechs Monaten Abweichungen vom gesetzlichen Mindestlohn ermöglicht. Nun soll nur bei Praktikumszeiten vom Mindestlohn abgewichen werden können. Nein, Merkels Problem ist außenpolitisch wie innenpolitisch die Abkehr der engeren Freunde. Wenn sich die beschriebene Eskalation des Schreckens so einstellen sollte, dann sei unklar, wie die Partei das noch bis zur Bundestagswahl 2017 tragen könne, heißt es. Nur, die Alternative sieht niemand.
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