ATTENDORN. Es ist früher Morgen, als ein Großaufgebot der Polizei in einem Wohngebiet am Rande von Attendorn im Sauerland auftaucht. Die Einsatzwagen stoppen an einer Flüchtlingsunterkunft. Gesucht wird ein 35-jähriger Algerier, der als Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine schwere staatsgefährdende Gewalttat in Deutschland vorbereitet haben soll. Der Mann war nach Informationen der Deutschen Presseagentur im Herbst als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland gekommen.
In der Bäckerei nebenan können die Menschen kaum glauben, dass ihre Stadt nun plötzlich im Fokus von Terrorermittlern steht.
"Die Kunden haben mich den ganzen Morgen gefragt, was da los ist", erzählt die Verkäuferin eines Backshops, der 100 Meter von der als Flüchtlingsunterkunft genutzten Turnhalle entfernt liegt. Selbst mitbekommen hat von dem Polizeieinsatz in der Nachbarschaft aber kaum jemand etwas. Dass ein Terrorist nebenan gewohnt haben soll, finden einige beunruhigend.
Die Bewohner der Unterkunft haben die Razzia hautnah mitbekommen. Mitarbeiter vom Deutschen Roten Kreuz hätten versucht, ihnen die Polizeiaktion zu erklären, sagt ein Sprecher.
Auf dem Parkplatz vor der Turnhalle stehen auch mehrere Stunden nach Beginn der Aktion noch zahlreiche Polizeiautos. Beamte verstauen schusssichere Westen in ihren Wagen. Ein Sicherheitsdienst schickt Journalisten und neugierige Passanten vom Gelände. Der 35-Jährige, der in der Flüchtlingsunterkunft gewohnt hat, ist den Terrorfahndern schon in seiner Heimat Algerien aufgefallen. Die Behörden dort hatten einen Haftbefehl gegen ihn erlassen - wegen Mitgliedschaft in der Terrormiliz IS. Auch die deutschen Behörden waren schon auf ihn aufmerksam geworden. Er soll nach Polizeiangaben gemeinsam mit drei weiteren Algeriern im Alter von 26 bis 49 Jahren eine schwere staatsgefährdende Gewalttat in Deutschland vorbereitet haben. Auch in Berlin und Hannover durchsuchen Beamte zeitgleich mehrere Gebäude.
Doch der 35-Jährige aus Attendorn gilt als Hauptverdächtiger. Konkrete Hinweise, dass die vier algerischen IS-Anhänger Anschläge auf Karnevalsumzüge geplant haben, haben die Behörden dem Vernehmen nach nicht. Diese Information sorgt bei den Jecken für Erleichterung, denn aller Feierstimmung zum Trotz: Dass ausgerechnet an Weiberfastnacht nicht allzu weit vom Rheinland entfernt die Terror-Fahnder zuschlugen, hat dennoch aufhorchen lassen. (dpa)
CHRONIK
Anschläge islamistischer Extremisten konnten in Deutschland zu meist vereitelt werden oder schlugen fehl.
April 2015: Die Polizei nimmt in Oberursel ein Ehepaar mit mutmaßlich salafistischem Hintergrund fest, das einen Anschlag geplant haben soll. Im Keller des Ehepaars fanden Ermittler eine funktionsfähige Rohrbombe.
Dezember 2012: Im Bonner Hauptbahnhof wird in einer Sporttasche ein Sprengsatz gefunden. Die Bundesanwaltschaft geht von einem versuchten Terroranschlag aus.
April 2011: Ermittler nehmen in Düsseldorf drei mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder fest, die einen Sprengstoffanschlag planten.
September 2007: Die islamistische Sauerland-Gruppe wird festgenommen.
Juli 2006: Im Kölner Hauptbahnhof platzieren zwei Männer in Koffern versteckte Sprengsätze in Zügen nach Hamm und Koblenz. Die Zeitzünder Bomben explodieren allerdings nicht. 2008 wird der "Kofferbomber" verurteilt.
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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