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Samstag, 14. November 2015

"Wir müssen Geduld haben"

Dieter Dresbach ist Demografiebeauftragter der Stadt Wiehl, der einzige Fachmann dieser Art in den oberbergischen Rathäusern. Reiner Thies sprach mit ihm darüber, ob der Flüchtlingszustrom eine Bedrohung oder eine Chance für Oberberg darstellt. 

Der Flüchtlingszustrom nach Deutschland hält an. Muss man sich Sorgen machen? 
Nein, Angst ist sicherlich nicht angebracht. Wenn es dennoch übertriebene Sorgen und Vorurteile gibt, müssen wir sie abbauen. Eine ehrliche Kommunikation ist Teil einer gelingenden Integration. Wir sollten Gesprächsrunden einberufen, in denen sich eingesessene Bürger und Flüchtlinge kennen lernen. Überhaupt müssen wir in der Flüchtlingsfrage alle gesellschaftlichen Gruppen an einen Tisch bringen. Die Vereine könnten noch einen viel größeren Beitrag zur Integration leisten. 


Stellen die Flüchtlinge also eine Hoffnung dar für die schrumpfenden und vergreisenden Kommunen in Oberberg? 
Viele alte Menschen werden wir dennoch haben. Die Flüchtlinge können diese Probleme aber zumindest mildern. Zu ihnen gehören junge Männer, die unsere Handwerksbetriebe gut gebrauchen können, und Kinder, die unsere Kindertagesstätten und Schulen vor der Schließung bewahren.

"Je mehr desto besser", haben Sie in einem Beitrag aus demografischer Sicht geschrieben, den sie im September auf der städtischen Homepage veröffentlicht haben. Würden Sie das heute immer noch so sagen?
Ich habe damals nicht leichtfertig verkündet: "Wir schaffen das." Stattdessen habe ich durchaus darauf hingewiesen, dass es mit einem herzlichen Willkommen nicht getan ist. Zu Zahlen und Obergrenzen möchte ich mich nicht äußern, das ist eine politische Frage. Inzwischen ist es hier in den Kommunen schwierig geworden, die Leute unterzubringen. Irgendwann sind auch Turnhallen voll. Wir werden bunter werden, ja, der Ausländeranteil liegt in Wiehl mit 5,4 Prozent heute noch weiter unter dem Landes- und Bundesdurchschnitt. Aber wir müssen die Integration sensibel angehen. Beispielsweise dürfen die eingesessenen Bedürftigen nicht darunter leiden, dass bei den Tafeln durch die Flüchtlinge der Andrang größer geworden ist. 

Sie schreiben, dass zur Integration auch das Fördern durch Fordern gehört. Jeder Flüchtling sollte eine Übersetzung der Bibel, des Grundgesetzes und des Wiehler Ortsrechts in die Hand gedrückt bekommen. Ist das die einst geschmähte Leitkultur? 
In Wiehl werden den Flüchtlingen an vielen Orten Sprachkurse angeboten. So etwas könnte man auch im Ratssaal veranstalten und in diesem Rahmen den Menschen unsere Stadt vorstellen. Wir sollten ihnen unsere Traditionsfeste erklären, damit sie etwa lernen, warum wir Christen Weihnachten feiern. Wobei es gar nicht darum geht, jemanden zu bekehren, um Gottes willen! Und natürlich gehört dazu, dass die Flüchtlinge lernen, dass Mann und Frau bei uns gleichberechtigt sind. 

Was müssen die oberbergischen Stadtverwaltungen konkret zur Integration der Flüchtlinge beitragen? 
Wir müssen Foren der Begegnung schaffen. Die Flüchtlinge spielen in allen Bereichen der Verwaltung eine Rolle, auch intern sollte der Austausch intensiviert werden. Ziel muss es sein, die Ehrenamtler professionell zu unterstützen, da geht es auch um Wertschätzung. Die Freiwilligen fühlen sich oft allein gelassen. 

Gibt es in den oberbergischen Unternehmen eine ausreichende Willkommenskultur? 
Viele Firmen sind weiter als die öffentlichen Verwaltungen. Auch die Unternehmer müssen in Gesprächsrunden eingebunden werden, um die lokalen Probleme bei der Integration zu lösen. 

Müssen bürokratische Hürden abgebaut werden, um die Flüchtlinge schneller zu einer sinnvollen Beschäftigung zu bringen? 
Die Asylverfahren müssen beschleunigt werden, das beschäftigungslose Warten macht die Menschen mürbe. Wir versuchen in der Stadt Wiehl, auch im Bauhof oder der Gartenbaukolonne Flüchtlinge zu beschäftigen, je nach Eignung und Möglichkeiten. Aber diese Menschen müssen betreut werden. Die Finanzen und die Personalsituation sind hier eine Hürde. 

Wie lange wird es dauern, bis die Neubürger die sprachlichen und fachlichen Hürden überwunden haben und einen produktiven Beitrag leisten können? 
Das kann ich nicht vorhersagen. Das hängt von jedem einzelnen Flüchtling ab, davon, was er kann und was er will. Wir müssen gewährleisten, dass das Umfeld stimmt. Ansonsten brauchen wir Geduld. Als ich im Jahr 1987 bei der Stadt Wiehl eingestellt wurde, hat es auch zwei Jahre gedauert, bis ich alle Nuancen der Verwaltungsarbeit überblicken konnte. 

Muss man dafür unser Schul- und Ausbildungssystem umstellen? 
In Wiehl sind wir gut aufgestellt in den Schulen und Jugendzentren. Die Kinder sind nicht das Problem bei der Integration, die lernen schnell.

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