KÖLN/TROISDORF. Zum Beispiel Youssef Basil. Der 21-jährige Syrer, breites Kreuz, voller Bart, steht in der Bauhalle des Bildungszentrums Butzweilerhof der Kölner Handwerkskammer. Neben ihm ein niedriges Stück Mauer, das er soeben hochgezogen hat, ausbildungsmäßig. Vor ihm steht ein Mann mit Anzug und Krawatte. Der interessierte, freundlich lächelnde ältere Herr will wissen, wo Basil herkommt, wie es ihm gefällt in dem Flüchtlingsprojekt der Handwerkskammer, ob er sich in Deutschland wohlfühlt. Der Syrer antwortet in gebrochenem Deutsch. Auf der anderen Seite klicken die Fotokameras, Mikrofone nehmen jedes Wort auf. Der wissbegierige Herr ist schließlich der Bundespräsident.
Zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Tagen tourt Joachim Gauck durchs Rheinland.
Vor zwei Wochen ging es in Bergisch Gladbach um die Arbeit der Flüchtlingshelfer. An diesem Tag steht der nächste Schritt auf dem Programm: die Integration. Das IHK-Bildungszentrum in Köln ist für das Thema eine Top-Adresse: Neun Prozent der Auszubildenden, die die Werkstätten durchlaufen, haben keinen deutschen Pass, doppelt so viele zugewanderte Eltern.
Youssef Basil, der syrische Kurde, der vor einem Jahr nach Deutschland kam, weil der Bürgerkrieg seiner Heimatstadt Alhafezye näherkam, ist einer von ihnen. Auch wenn er sagt: "Es ist sehr schwer in einem fremden Land", ist er sicher, dass er sich hier ein Leben aufbauen will. In der Heimat hat Basil als Fliesenleger und auf dem Bau gearbeitet. Nun nimmt er am IHK Flüchtlingsprojekt teil: Vormittags lernt er Deutsch, nachmittags kann er zeigen, welche Qualifikationen er mitbringt. Basils Ziele: "Die Sprache gut lernen, dann im Beruf arbeiten." Und später? "Ich würde gerne Ingenieur werden."
Den Weg, den Basil noch vor sich hat, ist Dzevad Baralija schon gegangen. Als Zehnjähriger floh der Bosnier mit seiner Mutter vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat. Nun arbeitet der Maurermeister als Dozent im Flüchtlingsprojekt daran, jungen Männern mit einer ähnlichen Geschichte den Weg in die deutsche Gesellschaft zu ebnen. "Ich zeige ihnen die Chance, die sie hier haben können", sagt Baralija. Eine Chance sei die Zuwanderung aber auch für Deutschland, ist er überzeugt: "Wir haben Probleme im Handwerk, adäquaten Nachwuchs zu finden." Die Flüchtlinge im Projekt seien "definitiv willig, motiviert und entschlossen", stellt er fest. Allerdings: "Es steht und fällt mit der Sprache."
Diese Botschaft hört Gauck immer wieder. Am Vormittag macht der Bundespräsident Station in Troisdorf. In der Firma Eubel im Stadtteil Spich produzieren 45 Beschäftige Maschinen und Werkzeugteile, 16 Mitarbeiter haben einen Migrationshintergrund. "Mir ist es egal, wo einer herkommt", sagt Firmenchef Maik Eubel, "Hauptsache, er bringt seine Leistung." Neben der Beherrschung der Sprache seien mathematische Kenntnisse für die Arbeit hier notwendig, erklärt Eubel. "Wir sind bereit, an Defiziten zu arbeiten, wenn der Mensch zu uns passt." Auch Eubel sieht die Zuwanderung als Chance. Aktuell gebe es zwar keine Probleme, Fachkräfte anzuwerben. "Aber das kann sich in den nächsten Jahren ändern", so Eubel. Diese Chancen betont auch Gauck. Unternehmen wie der Familienbetrieb Eubel seien "Garanten, dass Integration gelingen kann", stellt Gauck in Troisdorf fest. "Hier werden Talente entdeckt." Und in Köln begründete er seinen Besuch später mit dem Wunsch, Aktionen wie die Flüchtlingsinitiative der Handwerkskammer zu unterstützen "in einer Welt, die manchmal zu problemverliebt ist". Die Integration der Flüchtlinge "kostet uns zunächst etwas, aber irgendwann bringt sie uns auch was".
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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