Sie ist aus dem Deportationszug gesprungen und konnte sich so vor den Nazis in Budapest verstecken. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie die Assistentin des Philosophen und Literaturwissenschaftlers Georg Lukács. Heute lebt die jüdische Ungarin Agnest Heller wieder in Budapest, nachdem sie das Land 1977 verlassen hatte, um in Melbourne eine Professur anzutreten und später als Nachfolgerin von Hannah Arendt deren renommierten Lehrstuhl in New York übernahm.
Philosophie ist für die 85-Jährige eine praktische Angelegenheit, wie sie jetzt bei der Präsentation ihres Buchs "Die Welt der Vorurteile" im Gespräch mit der Journalistin Angela Gutzeit demonstrierte.
Auch das Publikum in der Zentralbibliothek in Köln sollte Fragen an Agnes Heller stellen können. Die mag solche Situationen aber nicht vom Podium herab erledigen, sondern sprang im engen Rock mit hohen Schuhen einmal eben vom Podest herunter, um auf Augenhöhe mit ihren wechselnden Gesprächspartnern die drängendsten Probleme zu lösen.
Ohne Vorurteile können wir nicht leben, davon ist Agnes Heller überzeugt. Wer möchte schon die Behauptung, dass Tokio eine Stadt in Japan sei, eigenen Fußes überprüfen? Den Unterschied vollzieht Agnes Heller zwischen guten und schlechten Vorurteilen, wobei sie letztere darüber definiert, dass diese Form von übler Nachrede leidvolle Spuren bei den Betroffenen hinterlässt. "Hass und Isolation vergiften die Seele der Menschen, und sie vergiften auch die Seele derer, die die Vorurteile in die Welt setzen", behauptet sie.
Obwohl es Vorurteile schon immer gegeben hat, setzt Agnes Heller doch historisch eine Zäsur mit dem Aufkommen der Moderne und der Gründung der Nationalstaaten. "Das Zeiterleben änderte sich, Geschwindigkeit wurde als Fortschritt interpretiert. Die Menschen fühlten sich überfordert und suchten Halt. Es entstanden die Kategorien ,Wir' und ,Sie', und die anderen werden uns zunehmend verdächtig. Allerdings müssen wir sie deshalb nicht hassen", erklärt Agnes Heller. Vorurteile sind für sie selbstverständlich, nur müssen sie immer wieder in Frage gestellt werden. Dass es dabei verwirrend zugehen kann, zeigen mitunter die Tendenzen der political correctness. "Die war eigentlich als Waffe gegen Vorurteile gedacht und wurde dann selbst zur Quelle von Vorurteilen, weil sie übertrieben wurde. Vorurteile sind immer das Ergebnis von Übertreibungen", sagt die Philosophin.
In Ungarn erlebt Anges Heller im Moment ein Aufblühen der Vorurteile aufgrund der Allgegenwart der Regierungspartei von Ministerpräsident Viktor Orbán. Agnes Heller beschreibt ein Land, in dem jede kritische Stimme erstickt wird, "es herrscht eine totale Ohnmacht", berichtet sie.
Die Situation in Ungarn steht für Agnes Heller in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auflösung des Warschauer Pakts. "Die Länder Osteuropas haben nicht viel tun müssen, um ihre Freiheit zu erlangen. Ungarn hat sie sozusagen geschenkt bekommen. Aber für alles muss man bezahlen, die Menschen haben nicht gelernt, mit der Freiheit umzugehen", erklärt Agnes Heller. Aber einschüchtern lässt sie sich nicht, an dieser Tatsache lässt die 85-Jährige jedenfalls keinen Zweifel.
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
Stichworte
1945
Abschiebung
AfD
Afghanistan
Afrika
Albanien
Algerien
Alltag
Amok
Angst
Ankerzentrum
Anschlag
Araber
Arbeit
Arbeitslosigkeit
Armut
Asylbewerber
Asylrecht
Ausbildung
Australien
Baden-Württemberg
Balkan
Bayern
Belgien
Bergneustadt
Berlin
Betrug
Bevölkerung
Bildung
BKA
Bonn
Brandstiftung
Braunschweig
BRD
Bulgarien
Bundespolizei
Bundespräsident
Bundeswehr
CDU
Clan
CSU
Dänemark
Demographie
Demonstration
Desinformation
Diskussion
Drogen
Dublin-Abkommen
Duisburg
Düsseldorf
Ehre
Einwanderungsgesetz
England
Enteignung
Eritrea
EU
Familie
Fazit
Flucht
Flüchtlinge
Frankfurt
Frankreich
Gabriel
Gefängnis
Gericht
Geschichte
Gesetz
Gesundheit
Gewalt
Grenzsicherung
Griechenland
Großbritannien
Grüne
Hamburg
Helfer
Hessen
Hilfe
Hotspot
Hunger
Integration
Irak
Iran
IS
Islam
Israel
Italien
Jugendliche
Kanada
Katastrophe
Kinder
Kindergeld
Kirche
Klima
Köln
Konkurrenz
Kontrolle
Körperverletzung
Kosovo
Kosten
Krankheit
Krieg
Kriminalität
Kritik
Kroatien
Kultur
Kurden
Leserbrief
Libanesen
Lüge
Lybien
Marokko
Mazedonien
Medien
Merkel
Messer
Mexiko
Migranten
Mittelmeer
Mord
negativ
Niederlande
Niedersachsen
Nordafrikaner
Notunterkunft
NRW
Obdachlose
Oberberg
Opfer
Österreich
Osteuropa
Palästinenser
Pflege
Politik
Polizei
Presse
Problem
Quote
Raub
Rechtsextremismus
Regierung
Registrierung
Religion
Roma
Route
Rückkehr
Ruhrgebiet
Rumänien
Ründeroth
Russland-Deutsche
Salafisten
Saudi Arabien
Saudi-Arabien
Scheitern
Schleswig-Holstein
Schleuser
Schule
Schulpflicht
Schweden
Schweiz
Seehofer
Seenotrettung
Serbien
Slowenien
Sozialleistungen
Spanien
SPD
Spenden
Sprache
Statistik
Steuer
Studie
Südosteuropa
Syrien
Tafel
Terror
Toleranz
Totschlag
Tradition
Tunesien
Türkei
Türken
Umfrage
UN
Ungarn
Urteil
USA
Vergewaltigung
Vertreibung
Vorurteile
Wachstum
Wahlen
Waldbröl
Werte
Willkommenskultur
Wirtschaft
Wohnraum
Zuwanderung
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen