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Dienstag, 3. November 2015

Das Für und Wider von Transitzonen

Es sollte doch ein Durchbruch werden. Die Koalition wollte sich zu einer einheitlichen Asylpolitik durchringen. Das Gegenteil ist der Fall. Nur streitet jetzt das Unionslager gegen die SPD. Transitzonen (CDU/CSU) oder Einreisezentren - das ist die neue Konfliktlinie. Dabei gibt es inhaltlich viele Unklarheiten. Ein Versuch, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. 


Was ist die Grundidee der Transitzonen? 
Grenznah platzierte Zentren für Flüchtlinge sollen die Möglichkeit bieten, das Verfahren von Antragstellern, die voraussichtlich keinen Anspruch auf Asyl haben, beschleunigt abzuwickeln - bevor sie rechtlich nach Deutschland eingereist sind. Abgelehnte Asylbewerber sollen dann direkt aus den Transitzonen in ihre Heimat zurückgeschickt werden. 

Gibt es dafür Vorbilder? 
Ja. An den Flughäfen München, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und Berlin-Schönefeld gibt es Transitzentren. Dort werden Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern vor ihrer Einreise nach Deutschland festgehalten. In einem Schnellverfahren entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, ob der Antrag begründet ist. 

Ist so etwas rechtlich auch an den Landesgrenzen möglich? 
Das ist umstritten. Das Flughafenverfahren ergibt sich aus dem Paragraf 18a des Asylgesetzes. Wo aber Transitzonen sonst überall zulässig sind, ergibt sich nur vage aus der EU-Richtlinie 2013/32/EU. Dort heißt es: "Viele Anträge auf internationalen Schutz werden an der Grenze oder in Transitzonen eines Mitgliedstaates gestellt, bevor eine Entscheidung über die Einreise des Antragstellers vorliegt." Die EU-Kommission hat der Bundesregierung signalisiert, dass Transitzonen zwar möglich, aber zeitlich befristet sein müssten. Der Grund: Transitzonen ohne Grenzkontrollen nützen nichts, weil sie sonst leicht umgangen werden können. Die sind aber im Schengenraum nur zeitlich befristet möglich. 

Was ist am Vorwurf der SPD dran, dass hier "Massengefängnisse" entstehen, wie es Justizminister Heiko Maas gestern formuliert hat? 
Klar ist, dass die Transitzonen nur funktionieren, wenn die Antragsteller während der Dauer ihres beschleunigten Verfahrens auch greifbar bleiben. Sonst wäre der Zweck verfehlt, die rasche Rückführung durchzusetzen. Das stellt also an die Bundespolizei eine umfangreiche Aufgabe. Die Union sagt, von "Haft" könne aber keine Rede sein. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: "Die Tatsache, dass man jemanden nicht weiter einreisen lässt, ist keine freiheitsentziehende Maßnahme." Die SPD argumentiert, dass hier Zentren entstehen, die aufgrund des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen zu gigantischen Lagern anwachsen würden. Das trifft unter der Voraussetzung zu, dass zunächst alle ankommenden Flüchtlinge an der Grenze festgehalten würden, um im Rahmen einer Kontrolle diejenigen festzustellen, die chancenlos im Hinblick auf Asyl sind. So genau hat sich die Union da aber nie geäußert. 

Gibt es ein anderes Modell? 
Denkbar wäre, dass für den Großteil der Flüchtlinge das bisherige Verteilungssystem weiter gelten würde und nur die Personen, die ohne Papiere kommen oder offensichtlich aus sicheren Herkunftsstaaten stammen, festgehalten würden. Gelegentlich konnte der Eindruck entstehen, dass die CSU tatsächlich auf die abschreckende Wirkung großer Camps setzt, während die Innenpolitiker der CDU nur zielgenauer und früher die aussichtslosen Bewerber herausfiltern wollen. 

In welchem Verhältnis stehen Aufwand und Nutzen? 
Beschleunigte Verfahren sind nur für Menschen aus sicheren Herkunftsländern möglich. Dazu zählen die Balkanstaaten. Tatsächlich stammten im September 27,2 Prozent aller in Deutschland gestellten Asylanträge aus den Westbalkanstaaten. Bei einem knappen Drittel mag der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Effekt stehen. Das Problem: Die Zahlen des Zuzugs aus dem Balkan nehmen rasant ab. Im Oktober macht ihr Anteil nach vorläufigen Zahlen unter den Top-50-Asyl-Ländern nur noch 2,44 Prozent aus. Ob dann der Aufbau von Transitzonen sinnvoll ist, erscheint eher zweifelhaft. 

Welchen Sinn haben die Einreisezentren, die von der SPD vorgeschlagen werden? 
Die Einreisezentren sind eher ein Versuch, die unkontrollierte Einreise zu ordnen. Zu viele Flüchtlinge schlüpfen bislang durch die Maschen des Registrierungssystems. Die SPD will die Leistungen für Flüchtlinge an das Registrierungsverfahren knüpfen. Wer das umgehe, erleide auch Nachteile beim Asylverfahren. Wie das rechtlich aussehen soll, ist aber ungeklärt. Bei offenbar erfolglosen Anträgen, etwa aus Balkanstaaten, könne die Entscheidung auch direkt im Zentrum erfolgen "und die Wiederausreise von dort aus stattfinden", sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Was nur Sinn ergibt, wenn die Antragsteller sich so lange bindend in den Zentren aufhalten müssen. Warum er in diesem Fall nicht von Haftzonen spricht, erscheint nicht völlig konsequent. 

REKORDZAHL 
Im Oktober sind nach UN-Angaben 218 394 Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Das ist die höchste Zahl, die jemals innerhalb eines Monats registriert wurde, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit. Im gesamten Jahr 2014 waren 219 000 Bootsflüchtlinge angekommen. In diesem Jahr wagten mehr als 744 000 Menschen die gefährliche Überfahrt. Mindestens 3440 Bootsflüchtlinge kamen dabei ums Leben. (afp)

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