GUMMERSBACH. Vor rund zwei Jahren ist in der Realschule auf dem Gummersbacher Steinberg die erste Internationale Klasse weit und breit gegründet worden. Inzwischen hat die Schule reichlich Erfahrungen gesammelt, denn an die 50 Kinder und Jugendliche aus 17 Nationen haben dort die Schulbank gedrückt, Deutsch gelernt und sich so den Weg in den regulären Schulbetrieb geebnet - bis hin aufs städtischen Lindengymnasium. Aus anfangs einer Klasse sind mittlerweile zwei geworden, denn die Zahl der Kinder, die eine besondere Betreuung benötigen, ist auf 36 gewachsen.
Kein Wunder, dass das Know-how von Schulleiter Detlef Betz und seinem Team mit Silke Thierbach und Helena Zylka immer öfter gefragt ist, wenn weitere neue Klassen im Kreis gegründet werden.
Denn mit der steigenden Zahl der Asylbewerber nimmt auch die der schulpflichtigen Kinder zu.
Dabei sei der enorme Zuzug von Flüchtlingen noch kein Thema in Deutschland gewesen, als die erste Klasse auf dem Steinberg an den Start gebracht wurde, erinnert sich Betz. "Damals kamen vermehrt Kinder aus dem europäischen Ausland zu uns an die Schule, deren Eltern in Gummersbach eine neue Arbeit gefunden hatten, aber noch kein Deutsch sprachen", erklärt der Schulleiter. "Wir müssen eine Lösung finden", habe man sich dann im Jahr 2013 gesagt, als die Zahl der Kinder weiter gestiegen sei. Doch zu diesem Zeitpunkt habe es noch keine Struktur gegeben, die deren Förderung geregelt hätte.
Also entschloss man sich auf dem Steinberg, ein eigenes Konzept zu stricken. Im Nachhinein war das die richtige Entscheidung, sagt Betz.
Inzwischen wurde auch der Stellenplan der Schule erweitert, weil sich Kolleginnen wie Thierbach und Zylka vor allem um die Internationalen Klassen kümmern. Jetzt, wo der Zuzug an Flüchtlingsfamilien nicht mehr abreißt, weiß die Realschule auf dem Steinberg was zu tun ist, wenn neue Kinder ankommen. Dazu gehört auch ein Elterngespräch, in dem sowohl das deutsche Schulsystem erklärt, aber eben auch die Erwartungen an die Kinder verdeutlicht werden.
Schüler aus acht Nationen
Aktuell kommen die Kinder auf dem Steinberg aus Syrien, Griechenland, dem Iran, Rumänien, Polen, Moldawien, Eritrea und Albanien. Das Niveau ihres Unterrichts richtet sich danach, mit welcher Vorbildung die jungen Menschen nach Deutschland gekommen sind. Manche müssen noch alphabetisiert werden, andere sprechen bereits bis zu acht Sprachen.
Ihrem Miteinander tut das aber keinen Abbruch, zumal in Kleingruppen nach Leistungsstand gearbeitet wird. Für alle Neuankömmlinge gilt: Es wird so viel Deutsch wie möglich gesprochen, denn der schrittweise Übergang in die Regelklassen soll möglichst früh erfolgen, wie Helena Zylka erläutert. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass sich die Kinder beim Lernen der deutschen Sprache hervorragend unterstützen und alsbald schon dolmetschen können.
Auch beim Besuch dieser Zeitung klappte die Übersetzung ins Arabische perfekt. Um die deutsche Sprache rasch zu lernen, wird am Anfang viel mit Bildern gearbeitet. Jedes der Kinder kann sich bereits persönlich vorstellen und in einem gut verständlichen Deutsch sagen, seit wann es hier lebt.
Doch zum Schulalltag gehört nicht nur die harte Büffelei. Auch Ausflüge, wie der zum Kölner Weihnachtsmarkt, sollen zur raschen Integration beitragen. Neben Kakao gab es vor dem Dom auch Fritten.
Einen großen Unterstützer hat die Schule in Bürgermeister Frank Helmenstein. Der hat nicht nur Eintrittskarten für ein Spiel der Handballer des VfL Gummersbach zur Verfügung gestellt, er komme auch regelmäßig vorbei, sagt Betz.
FLÜCHTLINGSKINDER HABEN SCHULPFLICHT
Offiziell heißen die Internationalen Klassen heute "Vorbereitungsklassen", weil sie die Kinder und Jugendlichen auf ihre weitere Schullaufbahn vorbereiten und dafür fit machen sollen. Zwei bis drei Wochen nach ihrer Ankunft in Deutschland und nach den vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchungen sind Flüchtlingskinder schulpflichtig. Schwierig wird die Eingliederung in eine solche Klasse, wenn das Kind/der Jugendliche allein gereist ist und kein Zeugnis vorweisen kann.
Eingerichtet wird eine solche Klasse, indem die Schule einen Antrag beim Schulamt des Oberbergischen Kreises und dort bei der für den Bereich Migration zuständigen Unteren Schulaufsicht stellt. Diese wiederum informiert die Bezirksregierung Köln. Von dort kommen dann die Genehmigung und die Stellenzuweisung. Ob grundsätzlich Bedarf für eine solche Klasse besteht, zeigt die Zahl der Flüchtlingsfamilien mit schulpflichtigen oder die Zahl alleingereister Kinder/Jugendlicher mit Schulpflicht. Diese Zahlen kennt die Kommune.
Die Zahl dieser Klassen wächst. Zurzeit sind die meisten bei den Gesamtschulen ansässig, die Gesamtzahl der Vorbereitungsklassen gibt die Verwaltung des Kreises mit 18 an. Diese verteilen sich zurzeit auf die Gesamtschulen in Gummersbach-Derschlag (25 Schüler), Marienheide (29) und Waldbröl (9). Solche Klassen eingerichtet haben zudem die Hauptschulen in Bergneustadt (drei Klassen, 60 Schüler), Hückeswagen (21) und Wipperfürth (zwei Klassen, 28) sowie die Gummersbacher Realschulen Steinberg (zwei Klassen, 36) und Hepel (15). An den Sekundarschulen in Engelskirchen (14 Schüler) und Nümbrecht (zwölf Schüler mit Ruppichteroth) lernen ebenfalls Kinder mit Migrationshintergrund gemeinsam, ebenso am Homburgischen Gymnasium in Nümbrecht: Dort sind es 18 Schüler.
An den Berufskollegs des Kreises heißen die Klassen dagegen Internationale Förderklassen. Jeweils zwei Klassen sind an den Kollegs in Gummersbach-Dieringhausen (41 Schüler insgesamt) und Wipperfürth (48) angesiedelt. Zu Beginn des kommenden Jahres wird auch das Kolleg auf dem Gummersbacher Hepel eine solche Klasse einrichten. (höh)
Die Zahl der Internationalen Klassen wächst. Vorreiter in der Region war die Gummersbacher Realschule auf dem Steinberg, die wir heute vorstellen. In der kommenden Woche folgt die neue Klasse an der Sekundarschule Nümbrecht.
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