BRÜSSEL/STRASSBURG. Einige nennen das Vorhaben "visionär". Andere sprechen von der "Erlaubnis zu einem Staatsstreich". Hochrangige EU-Diplomaten selbst bezeichnen den Vorstoß intern als "nukleare Option" - die Rede ist von dem neuen Grenzschutz-Konzept der Gemeinschaft, das Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans gestern in Straßburg präsentierte: Die Grenzschutzagentur Frontex, die ihren Sitz in Warschau hat, würde demnach bis 2020 von derzeit 400 Mitarbeitern auf 1000 aufgestockt. Und sie bekommt eine schnelle Eingreiftruppe aus 1500 Spezialisten für die Sicherung der EU-Außengrenze. Diese Einheit, die die Mitgliedsstaaten mit eigenen Fachleuten bestücken sollen, wäre dann innerhalb von drei Tagen einsatzbereit.
Doch nicht diese Konzeption gilt als umstritten, sondern die ebenfalls geplante Möglichkeit, die Truppe unter Umständen auch ohne Zustimmung eines Mitgliedslandes zu stationieren - nötig wäre nur ein Beschluss der EU-Kommission. Timmermans' Entwurf für einen "Europäischen Grenz- und Küstenschutz" ist eine Antwort auf die Zustände an den griechischen Übergängen: Monatelang schafften es die dortigen Grenzbeamten nicht, die ankommenden Flüchtlinge ordnungsgemäß zu erfassen, zu registrieren und unterzubringen.
Das "Loch in der Außengrenze der Gemeinschaft" gilt als eines der Hauptprobleme für die Zuwanderung von 1,55 Millionen Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan sowie einigen afrikanischen Diktaturen, die laut Frontex-Angaben zwischen Januar und November dieses Jahres in die EU einreisten. Dass Gegenmaßnahmen notwendig sind, gilt als unumstritten. "Wenn ein Loch im Gefüge ist, so riskiert das ganze System Schengen (für einen visafreien Reiseverkehr) zu bersten", betonte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn gestern.
Doch der von Europa geplante Eingriff in die souveränen Hoheitsrechte eines jeden Mitgliedstaates dürfte nur schwer zu schlucken sein. Deutschland und Frankreich scheinen eine solche Regelung wohl unterstützen zu wollen. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto winkte aber bereits ab.
Die Pläne stünden "im Gegensatz zu dem Prinzip, welches den Grenzschutz in die Kompetenz der nationalen Souveränität fallen lässt", sagte er. Italien würde diesen Eingriff durchaus akzeptieren, weil man auf diesem Wege die eigene Kosten für die Mittelmeer-Überwachung senken könnte. Dennoch darf damit gerechnet werden, dass die weitaus größte Zahl der Mitgliedsstaaten, deren Staats- und Regierungschefs am morgigen Donnerstag in Brüssel den Vorschlag beraten werden, zwar nicht gegen eine stärkere europäische Verantwortung an den Außengrenzen eintreten, wohl aber zusätzliche Absicherungen verlangen, damit die EU-Kommission ihnen nicht allein und ohne demokratische Kontrolle die Beamten aufzwingen kann.
Auch im Falle Griechenlands, so wurde betont, sei dies ja nicht geschehen. Erst nachdem Premier Alexis Tsipras am 11. Dezember die EU-Küstenwache von seinem Parlament hatte absegnen lassen, seien die europäischen Beamten ausgerückt.
Der Vorstoß der Kommission enthält aber auch für die übrigen EU-Bürger einige Unannehmlichkeiten. Bisher konnten die Bewohner der 28 Mitgliedstaaten bei der Einreise aus einem Drittstaat mit einer gewissen Großzügigkeit bei der Grenzkontrolle rechnen.
Damit dürfte es, sollten sich die Institutionen in Brüssel auf das Konzept einigen, vorbei sein. Es sieht ausdrücklich eine "systematische Kontrolle aller EU-Bürger bei der Einreise" vor, um den Sicherheitskräften die Möglichkeit zu geben, die Polizeidatenbanken nach möglichen Fahndungsersuchen zu befragen.
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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