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Samstag, 19. Dezember 2015

Heiße Debatten in der Moschee

BONN. Er habe noch nie in Socken moderiert, gesteht Jaafar Abdul Karim, der charismatische Talkmaster der TV-Sendung "Shababtalk", die in der arabischen Welt dafür bekannt ist, dass sie keine Tabus kennt. In der Dar-Assalam-Moschee in Berlin-Neukölln muss er sich den Bräuchen beugen und in Socken moderieren. Ausnahmen (aus Arbeitssicherheitsgründen) gab es nur für die Techniker der Deutschen Welle (DW), die "Shababtalk" in dieser Woche in der Moschee aufnahmen.
Das Format, das insbesondere junge arabische Menschen anspricht - "Shabab" bedeutet Jugend -, ist nicht nur das Zugpferd des von der DW im arabischen Sprachraum betriebenen TV-Senders DW Arabia, es wird sicherlich auch der Hit des TV-Programms für Flüchtlinge in Deutschland werden. "Eine Sendung wie Shababtalk zieht den ganzen Kanal mit", sagt DW-Programmchefin Gerda Meuer in ihrem Bonner Büro. Erstmals ist der deutsche Auslandssender im Inland mit einem TV-Programm unterwegs. Was schon zum Protest von Tabea Rößner, der medienpolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion führte, die verfassungsrechtliche Bedenken hat. "Rechtlich und moralisch fühlen wir uns auf der sicheren Seite", kontert Gerda Meuer und betont: "Wir wollen uns als Auslandssender nicht im Inland breit machen. Das ist nicht unser Job." Flugblätter mit der Programmstruktur von DW Arabia wurden an Flüchtlingsunterkünften und Sammelstellen verteilt, online und über soziale Medien läuft die Werbung für den arabischsprachigen Sender. Viele Flüchtlinge, insbesondere aus Syrien, dürften, so Meuer, den Sender bereits aus ihrer Heimat kennen. Meuer sieht die DW als Kuratorin eines TV-Programms für arabischsprachige Flüchtlinge in Deutschland. Ein Jahr lang darf DW Arabia via Astra 1M kostenlos in Europa auf Sendung gehen, der Satelliten-Betreiber SES verzichtet so lange auf Gebühren. Noch besteht das Angebot zu hundert Prozent aus dem Programm, das die Welle in den arabischen Ländern verbreitet: Nachrichten aus und über Deutschland, Diskussionsrunden wie "Quadriga" oder "Shababtalk", Por-träts wie "A Guest and a Story", Kultursendungen - alles auf Arabisch. Das Programm speist sich aus eigenen Formaten im Original sowie Beiträgen von ARD und ZDF, die fürs Arabische adaptiert werden. In einem weiteren Schritt kann sich Meuer auch Inhalte vorstellen, die die Privatsender zusteuern. Noch steht in den Sternen, wie das neue Format finanziert werden könne, räumt Meuer ein. Es gebe weder zusätzliche Ressourcen, noch zusätzliches Geld. Immerhin kann die Welle ihr Erfahrungskapital als Sender in arabischer Sprache einbringen. Es sei eine pragmatische Entscheidung gewesen, sich als DW in die Rolle des Kurators zu begeben. Über politische Einflussnahme - schließlich könnte sich die Einstellung in Deutschland über die Flüchtlingsthematik ändern - macht sich Gerda Meuer keine Sorgen: "Wir sind kein politisch gelenkter Sender. Wir wollen weder abschrecken noch anlocken." Für DW-Intendant Peter Limbourg spielt das arabische Programm als "erste gesellschaftliche Teilhabe der Flüchtlinge in Deutschland" eine wichtige Rolle. Gerda Meuer kann sich viele Formate vorstellen, durch die Flüchtlinge ein Gefühl für Deutschland bekommen können: Sprachsoaps, Nachrichtensendungen und Diskussionsforen, Unterhaltungssendungen auf deutsch, die arabisch untertitelt sind. "Wir möchten keinen Ghetto-Kanal - die Menschen sollen die Chance bekommen, Deutsch zu lernen", sagt sie, "Integration funktioniert über Bilder und Sprache." Und sie funktioniert über Menschen wie Jaafar Abdul Karim, den Talkmaster in der Moschee, dessen Sendung zum Start des Programms in Deutschland ausgestrahlt wurde. Die Studentin Somaya Mater kam da zu Wort, sie will sich "nicht immer rechtfertigen für das, was Terroristen machen. Ich habe damit nichts zu tun." Der Autor und Psychologe Ahmad Mansour sagte, er wünsche sich "mehr Selbstkritik auf Seiten der Moslems in Deutschland". - "Wir wollen über Themen sprechen, die laut, kontrovers oder tabu sind", verspricht Karim in seiner Sendung "Shababtalk". Das garantiert Quote. "SHABABTALK" ALS ZUGPFERD Jaafar Abdul Karim, 1981 in Monrovia (Liberia) geboren, ist der Moderator von "Shababtalk". In seiner Sendung diskutieren junge Leute aus Deutschland und arabischen Ländern über brennende gesellschaftspolitische Themen - über Partizipation und Gleichberechtigung, auch Tabuthemen wie Homosexualität und Sex vor und außerhalb der Ehe. Das löst immer wieder Wirbel im Zielgebiet aus. Karim erreicht mit seiner Sendung insbesondere in Ägypten ein Millionenpublikum. Kürzlich wurde die DW-Sendung zur besten Talkshow im arabischsprachigen TV gekürt. Der Moderator hat für den MDR und SAT1 gearbeitet. Karims Eltern stammen aus dem Libanon. Er wuchs im Libanon und in der Schweiz auf, zog 2001 nach Deutschland, studierte Medieninformatik an der TU Dresden und am Institut National des Sciences Appliquées in Lyon und absolvierte einen Regiekurs an der London Film Academy. Seit September 2015 schreibt Karim eine dreisprachige Kolumne für "Zeit online"("Jaafar, shu fi?"). Karim, der in Berlin lebt, bloggt außerdem für "Spiegel online". (tk)

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