BERLIN. Die EU-Kommission will das Asylsystem grundlegend reformieren und europaweit angleichen. Das stößt in Deutschland überwiegend auf Zustimmung. Sprecher von Kanzleramt und Außenministerium begrüßten die Vorschläge. An eine große Lösung in kurzer Zeit will aber keiner so recht glauben, zumal das Papier nur eine Diskussionsgrundlage ist. Konkrete Gesetzesvorschläge sollen erst noch folgen.
Für Deutschland war die bisherige sogenannte Dublin-Regelung bequem - als sie noch funktionierte. Denn Flüchtlinge mussten in jenem Land Asyl beantragen, in dem sie erstmals den Boden der Europäischen Union betraten. Da Deutschland von EU-Staaten umgeben ist, war ein legaler Landweg nach Deutschland im Grunde ausgeschlossen. Im September aber hob Kanzlerin Angela Merkel Dublin faktisch auf und ließ die in Ungarn unter erbärmlichen Umständen festsitzenden syrischen Flüchtlinge nach Deutschland einreisen. Seitdem ist die Dublin-Regelung faktisch tot, auch wenn sie formal noch gilt.
Jetzt hat die EU-Kommission Reformvorschläge vorgelegt, die in Deutschland parteiübergreifend auf Wohlwollen stoßen, weil sie auf eine faire Verteilung und einheitliche Standards abzielen. Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) sagte unserer Zeitung, sie habe eine solche Reform bereits 2014 gefordert. Sie plädiert für den umfassendsten Lösungsvorschlag der Kommission, bis hin zu einer europäischen Flüchtlingsagentur, die Asylanträge europaweit bearbeitet und die Flüchtlinge verteilt. "Eine große europäische Lösung wäre sinnvoll, auch wenn sie nicht von heute auf morgen umsetzbar ist", so Öney.
Ziel müsse eine Regelung sein "mit einheitlichen Aufnahmestandards, Regularien und Leistungen, damit Flüchtlinge eben nicht in die Länder gehen, in denen es die beste Versorgung gibt, sondern sich gerechter auf die EU verteilen".
Es kämen schließlich auch deshalb so viele nach Deutschland, "weil sie hier ein vergleichsweise gutes Erstaufnahme- und Sozialsystem vorfinden und nach drei Monaten arbeiten können". In Deutschland werde die Akzeptanz für die Aufnahme aber sinken, "wenn andere Länder sich dauerhaft aus der Verantwortung stehlen".
Der weniger ambitionierte Kommissionsvorschlag, mit dem Dublin im Wesentlichen lediglich um einen "Fairness-Mechanismus" ergänzt würde, wäre ihr zwar nicht weitreichend genug, aber "im Vergleich zum jetzigen Zustand das kleinere Übel". Kurzfristig, so Öney, sollte man prüfen, ob man den Migrationskommissar "besser mit Mitteln und Kompetenzen ausstatten kann" und über "Migrationsberatungszentren außerhalb Europas nachdenken".
CDU-Vizechef Thomas Strobl hält die Vorschläge ebenfalls für "gut und richtig". Eine Stärkung der gemeinsamen Asylpolitik sei notwendig, "um zu einer gerechteren Verteilung der Lasten innerhalb Europas zu gelangen und eine gezielte Antragsstellung in einzelnen Staaten zu vermeiden", sagte Strobl unserer Zeitung. Insbesondere müsse in Europa ein "vergleichbares Niveau sozialer Leistungen für Asylbewerber" erreicht werden. Armin Schuster, Innenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, erkennt "etwas Visionäres", eine "kleine Revolution". Es sei zwar vermutlich zunächst nicht die ganz große Lösung erreichbar. Aber "für Deutschland wird alles besser sein, als der Status quo", sagte Schuster.
PRAG LEHNT AB
Die tschechische Regierung hat die Pläne der EU-Kommission für eine Reform der europäischen Asylpolitik kritisiert. Der Vorschlag, einen dauerhaften Mechanismus zur Verteilung von Flüchtlingen zu schaffen, sei "vollkommen inakzeptabel" , erklärte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka in Prag. Seine Regierung und mehrere EU-Staaten hätten einem solchen Vorhaben bereits wiederholt eine Absage erteilt. Dennoch lege die EU-Kommission den Vorschlag nun erneut auf den Tisch. Das vergangene Jahr habe gezeigt, dass eine solche Umverteilung Migranten zur Flucht nach Europa ermuntere, sagte Sobotka.
Der Flüchtlingsbeauftragte der EU-Bischofskommission, Bischof Ägidius Zsifkovics, begrüßte die Vorschläge. Eine Reform, mit der die Hauptlast von einzelnen Ländern an den EU-Außengrenzen genommen und auf die Gemeinschaft der Staaten verteilt werde, sei ein logischer und wichtiger Schritt .
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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