Waldbröl. Auf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist Kornelia Wagener nicht gut zu sprechen. "Die sind vollkommen unorganisiert", schimpfte die für Asylangelegenheiten zuständige Mitarbeiterin der Stadt Waldbröl, als es in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses "um die aktuelle Entwicklung" ging. Als eines von vielen Beispielen nannte sie einen jungen Mann, der seit Oktober vorigen Jahres hochoffiziell als Flüchtling anerkannt, aber bei keiner Stelle registriert sei.
"Das Schreiben mit dem Bescheid ist angeblich verloren gegangen, der Mann hätte längst vom Jobcenter betreut werden können", schilderte Wagener einen Fall, der im Ausschuss Kopfschütteln auslöste. Manche Asylbewerber warteten in Waldbröl seit einem Jahr auf ihr Interview beim Bundesamt, das letztlich darüber entscheiden wird, ob ihnen Asyl gewährt wird oder nicht. Hingegen würden Neuankömmlinge teilweise sofort befragt. "Das führt innerhalb der Flüchtlinge zu großen Spannungen", so Wagener.
In der vergangenen Woche hätten 30 Asylbewerber aus Waldbröl selbst die Initiative ergriffen und seien mit dem Bus nach Burbach gefahren, dort unterhält das Bundesamt eine Außenstelle. Das Ergebnis schildert Kornelia Wagener so: "Die Gruppe wurde abgewiesen, sie wurden unterrichtet, dass sie keinen Termin bekommen und auch nicht vorgelassen werden. Man hat ihnen gesagt, sie müssen warten. Also, wie immer: Warten, warten, warten." Das zermürbe die Menschen. Selbst Flüchtlinge aus als nicht sicher geltenden Herkunftsländern hätten inzwischen ihre Ausreise beantragt, aber auch viele, die keine Bleibechance hätten. "Manche", so die Sozialarbeiterin, "sind mit vollkommen falschen Vorstellungen von Deutschland zu uns gekommen und wollen jetzt schnellstens wieder zurück". Aus Berlin komme zu alledem überhaupt keine Reaktion. "Die interessiert offenbar nicht, was hier los ist."
Die Anregung aus dem Ausschuss, die beiden oberbergischen Bundestagsabgeordneten ins Gespräch zu nehmen, will die Verwaltung gerne aufgreifen. Denn auch in finanzieller Hinsicht gerät Waldbröl in die zunehmende Schieflage. 1,33 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr für persönliche Leistungen sowie für Unterkunft und Ausstattung aufgewandt, aber nur annähernd 975 000 Euro erstattet, bleibe ein Loch im Waldbröler Haushalt von über 350 000 Euro. Personalaufwendungen sind darin nicht berücksichtigt. "Das Geld ist futsch, wir wissen nicht, wo wir es hernehmen sollen", zeigte sich auch Fachbereichsleiter Eckhard Becker ratlos.
ASYL IN WALDBRÖL
398 Flüchtlinge aus 30 Nationen leben derzeit in Waldbröl, darunter auch 83 aus den Balkanstaaten, die zunehmend wieder in ihre Heimatländer zurückreisen, weil sie kaum eine Chance haben, als Asylanten anerkannt zu werden.
Mit Hilfe des Arbeitskreises Asyl hat es die Stadt bislang geschafft, alle Bewerber in angemieteten Häusern und Wohnungen sowie Übergangsheimen unterzubringen. In Waldbröl leben 37 Familien mit insgesamt 153 Personen, die meisten haben ein Kind oder zwei Kinder, zwei Familien sogar jeweils sechs Kinder. Zehn Alleinerziehende mit 27 Kindern sind derzeit in Waldbröl registriert, insgesamt halten sich Jungen (48) und Mädchen (45) bei den bis 15-Jährigen knapp die Waage. Acht Frauen sind zurzeit schwanger - auch das hat die Statistik erfasst.
Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien (93), gefolgt von Afghanistan (47) und Albanien (44). (mf)
- wie die Politik ein ernsthaftes Problem in unverantwortlicher Weise zur Herausforderung umettikettiert und zur Chance schönredet.
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