Berlin. Der elfjährige Mustafa, der am Montagabend im Soldiner Kiez eine Auseinandersetzung zwischen der Polizei und Mitgliedern einer arabischen Großfamilie ausgelöst hat,muss bisher keine Konsequenzen befürchten. Er sei strafunmündig und lebe behütet bei seinen Eltern und Geschwistern, sagten Ermittler am Mittwoch.
Auch wenn er bereits als Mehrfachtäter bekannt ist, reiche das rechtlich nicht aus, um ihn in staatliche Obhut nehmen zu können. Die Großfamilie, zu der der Junge gehört, lebt seit langem in dem Kiez. Aussagen, nach denen der Clan zu den kriminelle Großfamilien in der Hauptstadt gehört, bestätigte die Polizei nicht. Das erklärt auch, warum der Bruder sowie dessen Bekannter auf Polizisten losgegangen sind und sie beschimpft haben. Kriminelle Clans handeln nicht so, weil sie mittlerweile gelernt haben, dass die Aufmerksamkeit der Polizei Unruhe in die Geschäfte bringt.
Ermittler im Landeskriminalamt gehen von 18 bis 20 kriminellen Clans aus. Zu jeder Familie gehören zwischen 50 und 500 Angehörige. Nicht jeder von ihnen sei ein Straftäter, sagte ein Polizeisprecher. Insgesamt schätzen Experten, dass rund 9000 Mitglieder in unterschiedlichen Verwandtschaftsverhältnissen zu den sogenannten Großfamilien gehören. Sie kommen ursprünglich aus der Türkei, dem Libanon und mittlerweile auch aus Syrien. Es gibt Mitglieder, die unterschiedliche Nachnamen tragen und nicht sofort einer Familie zuzuordnen sind.
Die arabischen Großfamilien leben im Westteil der Stadt. Sie haben sich vor allem in Moabit, Neukölln, Tempelhof und Wedding niedergelassen. Den Ostteil der Stadt meiden sie, weil er sich traditionell anders entwickelt hat. Das stärke die Macht der asiatischen und russischen Großfamilien, die vor allem im Ostteil wohnen, sagen Polizisten. Außer Berlin zählen Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen zu den Zentren der arabischen Familien. Die Clans sind perfekt vernetzt, sodass sie sich innerhalb kürzester Zeit treffen können.
Alle Clans eint, dass sie traditionell kein Vertrauen zum Staat haben, sondern versuchen, ihre Parallelgesellschaft durchzusetzen. Der Staat sei gewaltsam und gefährlich, sagen Araber. Deshalb sei es nicht verwunderlich gewesen, dass am Montag in der Soldiner Straße Polizisten angegangen wurden, sagen Fachleute. Vertrauen gilt nur innerhalb der Familie. Bei Streitigkeiten schlichtet ein Friedensrichter. Davon gibt es nach Schätzungen von Wissenschaftlern fünf in der Hauptstadt.
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