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Samstag, 12. März 2016

Umstrittene Offenheit

BERLIN. Es sind nur wenige Zeilen im Deutschen Pressekodex, aber sie bieten viel Stoff für Diskussionen: Die Richtlinie 12.1 widmet sich der Frage, wann bei der Berichterstattung über Straftaten Angaben zum Beispiel zur Religion oder ethnischen Zugehörigkeit der Täter oder Verdächtigen legitim sind. Nur bei "begründetem Sachbezug", lautet die Kernforderung. Die Zurückhaltung soll die Diskriminierung von Minderheiten verhindern. Bei vielen Medien ist die Richtlinie aber umstritten. Muss sie geändert werden?
Der Deutsche Presserat hat das Thema an diesem Mittwoch auf der Tagesordnung. Sein Plenum tagt in Berlin hinter verschlossenen Türen. "Es ist in der Branche und in der Gesellschaft ein wichtiges Thema und deshalb auch für uns", sagte Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Deutschen Presserates. Die Kritik an der Richtlinie hat an Schärfe zugenommen. Das gilt nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die zahlreichen Straftaten von Diebstählen bis zu Vergewaltigungen in der Silvesternacht in Köln. Ein Kritikpunkt lautete, Medien hätten die Herkunft der Tatverdächtigen zunächst verschwiegen. Zum Teil stehe dahinter der "Lügenpresse"-Vorwurf, die Herkunft von Straftätern werde nicht genannt, weil es Absprachen zwischen Staat, Polizei und Medien gebe, solche Informationen zu unterdrücken, erläuterte Tillmanns. Die Richtlinie mache es den Redaktionen allerdings nicht einfach, sich korrekt zu verhalten, betonen Kritiker. "Sie steht für ungerechtfertigte Selbstzensur und belegt, wie unmündig Leser in den Augen des Presserats sind", argumentiert etwa "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch im "Medium-Magazin" (März 2016). "Ihre Anwendung schürt das Misstrauen gegenüber der journalistischen Arbeit - Menschen merken, wenn ihnen relevante Informationen vorenthalten werden." Frank Überall, der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, sieht die Richtlinie positiv: "Es stimmt ja nicht, dass die Nationalität in deutschen Medien nicht genannt würde", sagte er. "Wenn es einen Zusammenhang gibt zwischen Nationalität und Straftat, zum Beispiel bei einem Attentat, kann das gerechtfertigt sein." Das gelte auch für die Straftaten in Köln. "Aber wenn es keine Relevanz hat, hat es in der Berichterstattung auch nichts zu suchen." Überall ist dafür, nicht an der Richtlinie zu rütteln: "Ich halte die Formulierung für tragfähig und sehe nicht, dass sie im Wortlaut geändert werden müsste." Dass die Richtlinie 12.1 kurzfristig abgeschafft wird, gilt als unwahrscheinlich. "Man ist auch gut beraten, keine Schnellschüsse zu machen", sagte Dirk Platte, Justiziar beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) in Berlin. Denkbar sei aber, die Richtlinie zu modifizieren oder um eine Liste mit Beispielen zu ergänzen, die zeigen, was mit "begründeter Sachbezug" gemeint ist. Das könnte den Redaktionen die Einschätzung erleichtern, wann Angaben zur Herkunft von Straftätern legitim sind. Dass es bei dieser Frage eine große Unsicherheit gibt, sieht auch Lutz Tillmanns so. "Der VDZ würde einen Leitfaden im Sinn einer Interpretationshilfe begrüßen", sagte Dirk Platte. "Wir schließen aber auch eine Änderung der Richtlinie nicht aus." Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) plädiert ebenfalls dafür, die Richtlinie auf ihre Alltagstauglichkeit zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Das sei schon wegen der oft rasend schnellen Verbreitung von Nachrichten, Informationen, Meinungen in den sozialen Netzwerken notwendig. "Es wäre eine absurde Situation, wenn Zeitungen beispielsweise in den Verdacht der Beschönigung von Straftaten geraten, weil sie in strengster Auslegung der Richtlinie 12.1 keine Angaben zu Herkunft oder Alter von Straftätern machen, während diese Angaben in sozialen Netzwerken von dritter Seite verfügbar sind", teilte der BDZV mit. (dpa)

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