Potsdam - Das Zerwürfnis zwischen dem Bundespolizeipräsidenten und der Bundeskanzlerin liegt schon zwei Jahre zurück. Die Lage im Land hat sich seither auch wieder entspannt. Aber an dem Verhältnis zwischen Dieter Romann und Angela Merkel hat sich nichts geändert.
Jedenfalls liest sich der gestern vom Bundespolizeipräsidium in Potsdam veröffentlichte Jahresbericht 2016 wie eine Mahnung an die Bundesregierung mit ihrer nach Romanns Ansicht verfehlten Flüchtlingspolitik. 2016 - das ist das Jahr mit mehreren angsteinflößenden islamistisch motivierten Terroranschlägen in Deutschland.
In dem Kapitel "Die Bundespolizei im Brennpunkt" ist von "Massenmigration", "virulenter Bedrohung", den Schwierigkeiten bei Abschiebungen, der Notwendigkeit von Grenzkontrollen und harten Maßnahmen anderer Länder und deren Erfolge die Rede.
Romann setzte sich für Grenzschließung ein
Romann sagt: "Die Messerattacke der Safia S. auf einen Bundespolizisten am Hauptbahnhof Hannover, der Angriff in einer Regionalbahn bei Würzburg, bei dem fünf Menschen mit einem Beil und einem Messer verletzt wurden, das Sprengstoffattentat in Ansbach sowie der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt haben uns die Dimension der islamistisch-terroristischen Bedrohungslage drastisch vor Augen geführt."
Romann war 2015 der festen Überzeugung, dass mit den vielen Flüchtlingen auch Terroristen unerkannt ins Land kommen würden. Deshalb hatte er sich auf dem Höhepunkt der Krise im damaligen September mit einem Einsatzplan für die Bundespolizei darauf vorbereitet, dass angesichts Zehntausender nach Deutschland strömender Menschen die bayerische Grenze zu Österreich geschlossen werden müsste. So jedenfalls ist es aus Sicherheitskreisen überliefert. Doch er bekam nie grünes Licht dafür.
Für die Politik war es sicher dienlich, dass der Jahresbericht der Bundespolizei nicht vor der Bundestagswahl und auch nicht vor der Landtagswahl in Niedersachsen Mitte Oktober, sondern ungewöhnlich spät erst jetzt vorgelegt wurde. Zwar geben die Zahlen jenen Recht, die wie Merkel oder Kanzleramtsmister Peter Altmaier oder Innenminister Thomas de Maizière (alle CDU) heute von "Steuerung und Ordnung" sprechen, weil die Zahl der Flüchtlinge deutlich gesunken ist.
Und so hat sich auch die Zahl der "unerlaubten Einreisen" dem Bericht der Bundespolizei zufolge 2016 im Vergleich zum Vorjahr halbiert - aber es sind immer noch insgesamt 111 843 Menschen gewesen, die meisten von ihnen aus Syrien (rund 25 000), aus Afghanistan (rund 20 000) und dem Irak (rund 13 000).
Die Zahl der Abschiebungen stieg 2016 auf 26 654 (von 22 369 im Jahr 2015) Menschen. Davon wurden die meisten mit dem Flugzeug zurücktransportiert. Zu 80 Prozent war das Ziel der Westbalkan: Albanien, Kosovo, Serbien und Mazedonien. In mehr als 8000 Fällen wurden dafür Bundespolizisten eingesetzt.
Immer wieder scheitern Abschiebungen den Angaben zufolge aber auch daran, dass die Betroffenen vorher untertauchen. Derzeit sind etwa 66 000 Drittstaatsangehörige ausreisepflichtig. Weitere rund 163 000 Menschen haben eine vorübergehende Duldung, gelten aber grundsätzlich auch als ausreisepflichtig.
Im Bericht wird darauf verwiesen, dass die im September 2015 wieder eingeführten Grenzkontrollen auch 2016 zunächst bundesweit und später an der deutsch-österreichischen Grenze fortgeführt wurden und insgesamt 15 735 Personen von Bundespolizisten nach Österreich zurückgewiesen wurden. Bundesweit seien rund 1000 Schleuser aufgegriffen worden, die meisten aus Syrien (80) und Polen (70), viele aber auch aus Deutschland (59).
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